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Atemkontrolle oder Breath Play bezeichnet im BDSM-Kontext Praktiken, bei denen das Atmen einer Person bewusst eingeschränkt oder kontrolliert wird, um sexuelle Erregung oder intensive emotionale Erlebnisse hervorzurufen. Atemkontrolle sind Praktiken oder Spielsituationen, in denen Atmung, Atemrhythmus oder die Vorstellung von Atembeherrschung Teil der erotischen oder psychologischen Dynamik sind. Dabei liegt der Fokus im modernen BDSM fast ausschließlich auf psychologischen, szenischen und symbolischen Elementen, da jede reale Einschränkung der Sauerstoffzufuhr ein extrem hohes Risiko darstellt und nicht empfohlen wird.
Atemkontrolle gehört zu den emotional intensivsten Themen im BDSM, weil sie direkt mit einem der grundlegendsten Lebensprozesse des menschlichen Körpers verbunden ist: dem Atmen. Der Atem steht symbolisch für Leben, Ruhe, Kontrolle, Hingabe, Macht, Vertrauen und Verletzlichkeit. Genau diese Symbolkraft macht Atemkontrolle zu einer besonders tiefgreifenden Form psychologischer Interaktion innerhalb von BDSM-Dynamiken. Gleichzeitig handelt es sich um einen Bereich, der mit außergewöhnlich hohem Risiko behaftet ist, sobald die Atmung physisch beeinflusst wird. Aus diesem Grund hat sich in der zeitgenössischen BDSM-Landschaft ein deutlicher Wandel vollzogen: von gefährlichen physischen Techniken hin zu sicheren, rein psychologischen Ausprägungen.
Der Reiz von Atemkontrolle entsteht häufig nicht aus einer tatsächlichen Luftreduktion, sondern aus der Vorstellung von Kontrolle und Macht. In vielen BDSM-Situationen reicht die Andeutung, das Spiel mit Erwartung, der Einsatz von Stimme, Nähe oder Positionierung, um eine intensive emotionale Wirkung zu erzeugen. Psychologische Atemkontrolle besteht aus Elementen wie geführter Atmung, gemeinsamer Atmung, Anweisungen („Atme langsamer“, „Atme mit mir“), Fokussierung auf Rhythmus oder der Inszenierung von Dominanz, ohne den Atem physisch einzuschränken.
Warum ist das so wirkungsvoll?
Der menschliche Atem reagiert unmittelbar auf Stress, Erregung, Ruhe oder psychische Stimulation. Rollen, die Macht oder Kontrolle beinhalten, können diesen natürlichen Prozess verstärken. Der dominante Part übernimmt ein Element symbolischer Führung, der submissive Part begibt sich in einen Zustand bewusster Aufmerksamkeit und Hingabe. Diese Interaktion kann intensiv, erotisch und emotional verbindend sein, obwohl — oder gerade weil — sie vollkommen sicher bleibt.
Viele Menschen verwechseln Atemkontrolle mit „Breath Play“ im Sinne von physischen Einschränkungen wie Drücken, Würgen oder Abdecken von Atemwegen. Diese Formen gelten jedoch als extrem risikoreich. Die medizinische Realität ist eindeutig: Schon sehr kurze Unterbrechungen der Sauerstoffzufuhr können Bewusstlosigkeit, Hirnschäden, Herzrhythmusstörungen oder tödliche Folgen haben. Das Risiko ist weder kalkulierbar noch kontrollierbar, selbst für erfahrene Personen. Der Körper sendet oft keine eindeutigen Warnsignale, bevor kritische Schwellen erreicht sind. Deshalb distanzieren sich moderne BDSM-Communities zunehmend von jeder Form physischer Atemreduktion.
Die sichere Form der Atemkontrolle konzentriert sich auf drei Ebenen:
1. Psychologische Führung: Der dominante Part lenkt Aufmerksamkeit, Tempo oder Intensität der Atmung — nicht durch Druck oder Eingriff in die Atemwege, sondern durch Stimme, Nähe, Rituale und Erwartungshaltung.
2. Atmosphärische Intensivierung: Licht, Geräusche, Körperposition oder Blickkontakt können Spannung erzeugen, die vom submissiven Part als tiefgreifend erlebt wird.
3. Symbolische Kontrolle: Manche Szenen nutzen die Vorstellung von Atembeherrschung, ohne dass irgendetwas Physisches passiert. Das Kopfkino übernimmt die Hauptrolle.
Diese sicheren Alternativen erlauben es, den emotionalen Kern der Atemkontrolle zu erleben, ohne die existenziellen Risiken realer Atemunterbrechung einzugehen. Viele erleben hierbei tiefe Ruhe, intensiven Fokus, eine gesteigerte Wahrnehmung der eigenen Körperreaktionen oder extrem starke Bindungsgefühle gegenüber der dominanten Person. Gleichzeitig bleibt die Szene im Rahmen gesunder und einvernehmlicher Sexualität.
Psychologisch lässt sich Atemkontrolle auch als eine Form der „bewussten Vulnerabilität“ betrachten: Der submissive Part öffnet sich auf einer Ebene, die eng mit Überleben und Sicherheit verknüpft ist. Die Verantwortung und Fürsorge des dominanten Parts wird in solchen Szenen besonders deutlich. Diese Rolle kann jedoch nur dann gesund gelebt werden, wenn beide Beteiligten realistisch einschätzen können, welche Elemente sicher sind und welche nicht.
Der gesellschaftliche Diskurs rund um Atemkontrolle hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Während ältere BDSM-Publikationen teilweise riskante Techniken unkritisch beschrieben, legen heutige Ressourcen, Workshops und Community-Richtlinien nahezu einheitlich fest, dass physische Atemreduktion nicht sicher praktiziert werden kann. Dies bedeutet nicht, dass Atemkontrolle als erotische Fantasie verschwindet — im Gegenteil. Sie wird in einer Form weiterentwickelt, die ausschließlich auf mentaler, atmosphärischer und emotionaler Ebene stattfindet.
Damit bleibt Atemkontrolle ein faszinierendes, intensives und emotional komplexes Element des BDSM — allerdings nur dann verantwortbar, wenn die Atmung selbst immer frei, ungehindert und vollkommen sicher bleibt.
Einvernehmlichkeit
Atemkontrolle darf nur mit explizitem Einverständnis aller Beteiligten erfolgen.
Sicherheitsbewusstsein
Alle Beteiligten müssen sich der Gefahren bewusst sein und geeignete Maßnahmen zur Risikominimierung treffen.
Kontinuierliche Überwachung
Die dominante Person muss die Reaktionen der submissiven Person jederzeit im Blick haben und sofort eingreifen können.
Bewusstlosigkeit
Durch Sauerstoffmangel kann es schnell zu Ohnmacht kommen, was langfristige Schäden verursachen kann.
Hirnschäden
Schon wenige Minuten ohne ausreichende Sauerstoffversorgung können zu irreversiblen Schäden führen.
Herzstillstand
Der plötzliche Sauerstoffentzug kann eine Herzrhythmusstörung oder einen Herzstillstand auslösen.
Innere Verletzungen
Übermäßiger Druck auf die Luftröhre oder die Halsschlagader kann Schäden an den Weichteilen oder Gefäßen verursachen.
Handzeichen oder Sicherheitsgegenstände: Ein kleiner Gegenstand, der fallen gelassen werden kann, wenn die submissive Person Hilfe benötigt.
Erste-Hilfe-Set: Für den Fall von Verletzungen oder Bewusstlosigkeit.
Optional: Atemmasken oder Latexhauben, jedoch nur für sehr erfahrene Partner und unter maximalen Sicherheitsvorkehrungen.
Dauer/Intensität:
Eignung
Vorbereitung
Aftercare
Typische Methoden der Atemkontrolle
Sicherheitsmaßnahmen
Empfohlene Literatur:
Jana Klinger: Lust & Last – BDSM in der Praxis
Nina Schneider: Konsens & Kink
Heike M. Pelzer: Psychodynamiken im BDSM
Jay Wiseman: SM 101 – A Realistic Introduction
Dossie Easton & Janet Hardy: The New Bottoming Book
Tristan Taormino: The Ultimate Guide to Kink
Der Begriff „Atemkontrolle“ fand seinen Weg in die BDSM-Terminologie in den 1970er- und 1980er-Jahren, als die Leather-Community begann, extremere Formen des körperlichen und psychologischen Spiels systematisch zu beschreiben. Geschichtlich entstand Atemkontrolle zunächst aus Praktiken, die damals unter „Breath Control“ oder „Erotic Asphyxiation“ bekannt waren. Diese frühen Beschreibungen standen stark unter dem Eindruck körperlicher Grenzerfahrungen und wurden oft unkritisch dargestellt, da medizinische Risiken noch weniger bekannt waren oder unterschätzt wurden.
Mit zunehmender wissenschaftlicher Erkenntnis über die Gefährlichkeit selbst kurzer Atemunterbrechungen sowie zahlreichen dokumentierten Unfällen änderte sich das Verständnis radikal. In den 1990er- und frühen 2000er-Jahren begannen BDSM-Organisationen, Fachautoren und medizinische Berater deutliche Warnungen zu formulieren, die letztlich zur Abgrenzung zwischen physischer Atemkontrolle (gefährlich, nicht empfehlenswert) und psychologischer Atemkontrolle (sicher, szenisch, symbolisch) führten.
Heute wird der Begriff überwiegend im Sinne jener sicheren, nicht invasiven Formen verwendet, die lediglich mit Aufmerksamkeit, Fokussierung, Atmosphäre und Rollen arbeiten. Die ursprüngliche physische Bedeutung gilt als überholt und gefährlich, während die psychologische Bedeutung als entwickelter, moderner und verantwortbarer Bestandteil des BDSM verstanden wird.
Atemkontrolle als erotische Praktik hat sich aus verschiedenen Fetisch- und BDSM-Richtungen entwickelt und basiert auf der intensiven körperlichen und psychischen Erfahrung, die durch den kontrollierten Entzug von Sauerstoff hervorgerufen wird. Für viele Menschen ist der Verlust der Kontrolle über eine lebenswichtige Funktion ein erotisches Element, das oft mit Dominanz und Unterwerfung verbunden ist.
Dies geschieht entweder durch manuelles Halten des Atems, Druck auf den Hals oder durch externe Hilfsmittel wie Masken, Tücher oder Atemgeräte. Atemkontrolle ist eine hochriskante BDSM-Praktik und erfordert besondere Vorsicht und Erfahrung, um gesundheitliche Schäden oder lebensgefährliche Situationen zu vermeiden.
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