CIS und RACK im BDSM – Ein Blick auf Sicherheit, Einvernehmlichkeit und Verantwortung

Zwischen Vertrauen und Risiko: Zwei Konzepte, ein Ziel

BDSM ist ein Feld, das von individuellen Absprachen, tiefem Vertrauen und bewussten Entscheidungen lebt. Zwei zentrale Konzepte, die dabei immer wieder auftauchen, sind CIS (Consentual, Informed, Safe) und RACK (Risk Aware Consensual Kink). Während viele mit dem altbekannten „SSC“ (Safe, Sane, Consensual) vertraut sind, zeigen CIS und RACK differenziertere Herangehensweisen an BDSM-Praktiken – insbesondere, wenn es um intensivere oder riskantere Spielarten geht.

Was bedeuten CIS und RACK überhaupt?

CIS – Consentual, Informed, Safe

CIS bedeutet, dass alles, was im BDSM-Kontext passiert, einvernehmlich ist (Consentual), auf vollständiger Aufklärung und Information basiert (Informed) und sicher durchgeführt wird (Safe).

RACK – Risk Aware Consensual Kink

RACK geht einen Schritt weiter und sagt: BDSM ist nicht immer absolut sicher, aber es kann dennoch verantwortungsvoll praktiziert werden – wenn alle Beteiligten sich der Risiken bewusst sind (Risk Aware), einvernehmlich zustimmen (Consensual) und den Kink akzeptieren, den sie ausleben möchten.

Warum SSC allein nicht ausreicht

SSC – gut, aber manchmal zu pauschal

„Safe, Sane, Consensual“ war lange Zeit das Maß aller Dinge. Doch viele Praktiken wie Breathplay, Nadeln, Stromspiele oder extremer Sadismus lassen sich nicht unter „absolut sicher“ einordnen.

CIS und RACK als moderne Erweiterung

CIS und RACK tragen der Realität Rechnung: BDSM ist nicht steril, sondern lebendig, intensiv und manchmal auch riskant. Die neuen Konzepte machen das transparent – und verlangen mehr Eigenverantwortung.

CIS im Detail – Verantwortung durch Wissen

Consentual – Einvernehmlichkeit über alles

Zustimmung ist das Rückgrat jedes Spiels. CIS betont, dass Zustimmung jederzeit widerrufen werden kann. Nur wer freiwillig, klar und bei vollem Bewusstsein zustimmt, kann sich wirklich hingeben.

Informed – Wissen ist Macht

Informed bedeutet: Alle Beteiligten müssen wissen, worauf sie sich einlassen. Das umfasst:
• Techniken und deren Risiken
• Notfallmaßnahmen
• psychologische Wirkungen
• körperliche Belastung

Beispiel: Wer sich auf Nadeln einlässt, sollte über Hygienemaßnahmen, Risiken einer Blutinfektion und Wundversorgung aufgeklärt sein.

Safe – Sicherheit durch Vorbereitung

Sicherheit heißt nicht, dass nichts passieren kann – sondern dass man vorbereitet ist. Dazu gehören:
• sicheres Spielzeug
• sichere Räume
• Notfallsets (z. B. Erste-Hilfe-Kasten, Sicherheitsschere)
• Kommunikationsstrukturen (Safe Word, Safe Gesture)

RACK im Detail – Freiheit durch Verantwortung

Risk Aware – Die bewusste Entscheidung für Risiko

RACK nimmt in Kauf, dass manche Praktiken nicht risikofrei sind. Der Fokus liegt auf Transparenz: Jeder weiß, was passieren kann – und entscheidet sich bewusst dafür.

Beispiel: Atemkontrolle ist riskant. Wer sie dennoch praktiziert, sollte:
• sich gut kennen
• medizinisch informiert sein
• eine klare Abbruchstrategie haben

Consensual – Zustimmung mit vollem Verständnis

RACK verlangt tiefere Zustimmung. Es reicht nicht, „Ja“ zu sagen – das „Ja“ muss reflektiert und informiert sein.

Kink – Der Ausdruck des individuellen Begehrens

RACK erkennt Kink als legitimen Ausdruck von Lust an – auch wenn er außerhalb der gesellschaftlichen Norm liegt. Ob Schmerz, Kontrolle, Demütigung oder Fesselung: RACK schützt die Freiheit, sich selbst zu entdecken.

CIS vs. RACK – Was ist besser?

Unterschiedliche Bedürfnisse, unterschiedliche Konzepte

CIS ist ideal für Einsteigerinnen und Spiele, bei denen Sicherheit und Aufklärung im Vordergrund stehen.
RACK ist passend für erfahrene BDSMlerinnen, die bewusst Grenzen ausloten.

CIS sagt: „Nur das, was sicher ist.“
RACK sagt: „Wir kennen die Risiken – und spielen trotzdem.“

Kombination möglich

Viele Szenen arbeiten mit einer Kombination aus beidem:
• Vor dem Spiel: CIS – Alles wird besprochen, informiert und vorbereitet.
• Während und nach dem Spiel: RACK – Die Beteiligten übernehmen Verantwortung für sich selbst und den Umgang mit dem Risiko.

Typische Spielarten unter RACK – Beispiele und Einordnung

Atemkontrolle (Breathplay)

Sehr riskant, da Bewusstlosigkeit oder gar Tod drohen können. Unter SSC verboten, unter RACK erlaubt – wenn medizinisch informiert und erfahren.

Nadeln und medizinisches Spiel

Ebenfalls nur unter RACK. Infektionsgefahr, Nervenverletzungen und psychische Reaktionen sind möglich – doch mit Wissen und Hygiene kontrollierbar.

Konsensuelle Gewaltfantasien

Ob „Vergewaltigungsrollenspiel“, Kidnapping oder TPE (Total Power Exchange): Diese Fantasien brauchen intensive Vorbereitung, psychologische Reflexion und Vertrauen. Unter CIS schwer machbar, unter RACK möglich.

Kritik an CIS und RACK – berechtigt oder unbegründet?

Kritik an CIS

• Zu klinisch: Einige finden CIS zu verkopft und unspontan.
• Realitätsfern: Es wird suggeriert, dass BDSM vollständig sicher sein kann – was nicht stimmt.

Kritik an RACK

• Tarnung für Missbrauch: Einige nutzen RACK als Ausrede für gefährliches Verhalten ohne Rücksicht.
• Schwierig für Neulinge: Wer Risiken nicht kennt, kann schwer einschätzen, was tragbar ist.

Replik

Beide Konzepte setzen auf Reife und Verantwortungsbewusstsein. Weder CIS noch RACK ist eine Lizenz zum Drauflosspielen. Sie sind Leitlinien, keine Freifahrtscheine.

Wie finde ich heraus, welches Konzept zu mir passt?

1. Erfahrungsgrad

Einsteiger*innen sind mit CIS meist besser beraten, da dort Sicherheit, Information und langsame Annäherung im Vordergrund stehen.

2. Persönliche Neigung

Wer gerne experimentiert, Grenzen austestet und psychologisch tief eintaucht, wird sich mit RACK wohler fühlen.

3. Vertrauen in die Spielpartner*in

Je größer das Vertrauen, desto eher kann man sich auf risikoreiche Praktiken einlassen – also in Richtung RACK gehen.

Kommunikation – der gemeinsame Nenner

Vor dem Spiel

• Wünsche & Ängste besprechen
• Grenzen definieren
• Safe Word festlegen
• Risikofaktoren benennen

Während des Spiels

• Feedback erfragen
• Zeichen beachten (Körpersprache!)
• Spiel notfalls abbrechen

Nach dem Spiel

• Aftercare anbieten
• Nachbesprechung führen
• körperliche & seelische Nachwirkungen thematisieren

Fazit – Verantwortung ist die höchste Lust

Ob CIS oder RACK – beide Konzepte verfolgen ein Ziel: BDSM soll lustvoll, sicher, einvernehmlich und verantwortungsvoll sein. Der Unterschied liegt in der Tiefe und der Risikobereitschaft. Wer gut informiert, ehrlich kommuniziert und sich selbst reflektiert, kann mit beiden Konzepten wundervolle Erfahrungen machen.

CIS ist ein sicherer Hafen.
RACK ist die Reise ins Unbekannte – mit Karte, Kompass und Vertrauen.

Am Ende ist es nicht entscheidend, ob du „nach CIS“ oder „nach RACK“ spielst. Entscheidend ist, dass du bewusst spielst.

Please login to use this feature.

Unser Ziel ist es, Menschen bestmöglich zu unterstützen. Dieses Prinzip bildet die Grundlage unseres Handelns und ist der Schlüssel zum Erfolg – besonders in der Welt von BDSM, Vertrauen und Wachstum.

MENU:

KONTO

Einloggen oder anmelden