Erste Hilfe gegen Gaslighting – Was du jetzt tun kannst
Checkliste für Betroffene – Bin ich betroffen?
Wenn du dir unsicher bist, ob du gerade psychisch manipuliert wirst, hilft dir diese Liste zur Orientierung. Geh sie ehrlich durch – ohne Bewertung. Jede einzelne Antwort mit „Ja“ ist ein ernst zu nehmendes Warnsignal.
✓ Ich fühle mich nach Gesprächen mit meinem*meiner Dom/Top oft klein, verwirrt oder beschämt.
✓ Ich stelle meine eigenen Erinnerungen infrage, weil mir gesagt wird, dass ich Dinge falsch sehe.
✓ Meine Gefühle werden regelmäßig als „übertrieben“, „lächerlich“ oder „kindisch“ dargestellt.
✓ Ich habe das Gefühl, mich ständig rechtfertigen zu müssen – auch für Dinge, die mir zustehen.
✓ Meine Grenzen werden übergangen, aber es wird behauptet, „es sei Teil des Spiels gewesen“.
✓ Ich traue mich nicht mehr, Feedback zu geben, weil ich Angst vor der Reaktion habe.
✓ Ich habe mein Safe Word benutzt, aber es wurde ignoriert oder verspottet.
✓ Ich werde emotional erpresst („Wenn du mich liebst, lässt du das zu.“).
✓ Mein soziales Umfeld wird schlechtgeredet oder bewusst von mir ferngehalten.
✓ Ich fühle mich einsam, ausgeliefert und weiß nicht, ob ich mir selbst noch trauen kann.
Wenn du mehr als 3 dieser Aussagen bejahst, ist es dringend Zeit zu handeln. Nicht morgen. Heute.
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Notfallstrategie – Was du tun kannst, wenn du mitten im Gaslighting steckst
1. Stoppe das Spiel – sofort
Es ist kein „Spiel“, wenn es dir dauerhaft schlecht geht. Setze klare Worte:
• „Ich brauche Abstand.“
• „Das fühlt sich nicht mehr sicher an.“
• „Ich ziehe mich zurück – für mich.“
Du musst dich nicht erklären. Deine Grenze ist legitim. Diese darfst und sollst du äussern.
2. Sichere dich emotional und räumlich ab
Falls du mit dem*der anderen zusammenlebst oder regelmäßig Sessions hast:
• Suche dir einen Rückzugsort. Notfalls ein Hotel, eine Freundin, Familie.
• Entferne dich aus der physischen Nähe, wenn du dich bedroht fühlst.
• Ändere Passwörter, sichere Chats, lösche Tracker oder geteilte Kalender.
3. Dokumentiere deine Wahrnehmung
Manipulation lebt davon, dass du dir selbst nicht mehr glaubst. Deshalb:
• Schreibe ein Tagebuch (digital oder analog).
• Notiere Situationen, Worte, Gefühle – nüchtern und ehrlich.
• Lies es dir später durch – du wirst erkennen, wie oft du gezweifelt hast, obwohl du klar warst.
4. Rede mit jemandem – außerhalb der Szene
Nicht alle Freunde verstehen BDSM. Aber sie kennen dich. Sie kennen dein Wesen, deine Stärke. Such dir:
• Eine vertraute Person
• Eine anonyme Beratungsstelle
• Eine*n BDSM-freundlichen Therapeuten oder Therapeutin
• Online-Selbsthilfegruppen oder Foren (z. B. „BDSM & Trauma“)
5. Suche dir professionelle Hilfe
Gaslighting hinterlässt Spuren – tief und oft langanhaltend. Psychologische Begleitung ist keine Schwäche, sondern ein Rettungsanker:
• Trauma-Therapie oder Gesprächstherapie
• BDSM-affine Coaches oder Selbsthilfegruppen
• Notfallkontakte: Frauenhäuser, Männerberatungen, LGBTQ+-Hilfsstellen
Tipp: Es gibt auch Therapeut*innen, die BDSM verstehen und nicht pathologisieren. Lass dir helfen – aber nur von jemandem, der dein Leben nicht abwertet und dich nicht bewertet.
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Notfallnummern & Ressourcen
Deutschland:
• Telefonseelsorge (kostenlos, anonym): 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222
• Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen: 08000 116 016
• Hilfetelefon Gewalt gegen Männer: 0800 123 99 00
• BDSM-bezogene Hilfestellen: z. B. „Kink-Aware Professionals“ über bdsmwiki.info
Schweiz:
• Dargebotene Hand: 143
• Frauenberatung Zürich: 044 291 46 46
• BDSM-freundliche Community-Adressen: über SUDOM.CH oder SMJG
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Merke: Du bist nicht schwach. Du bist wach.
Gaslighting bringt dich dazu, dir selbst nicht mehr zu glauben. Doch allein, dass du hier liest, ist ein Zeichen deiner Stärke. Du bist wach. Du spürst, dass etwas falsch ist. Du willst dich schützen – und das darfst du. Du darfst laut sein. Du darfst Hilfe holen. Du darfst gehen.
Denn BDSM soll dich nicht zerstören. Es soll dich erfüllen. Und wenn das Gegenteil passiert, ist es kein BDSM – sondern Gewalt. Und Gewalt muss niemand hinnehmen oder akzeptieren.
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